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31. Die Mönche zu S.Johannis – Übersetzung

Im Jahre 1247 zogen die Mönche zu S. Johanniskloster, wiewohl ungern, aus Lübeck nach Cismar. Aber es wollte nicht anders sein; denn statt der guten Werke, deren sie sich so trefflich gerühmt, haben sie greuliche Unzucht im Kloster getrieben, daß es auf die Länge zu grob geworden. Sonderlich hatten sie ein neues Schelmstück erdacht mit den Schifferfrauen. Einer der gottlosen Mönche hat das Balbierhandwerk erlernt und vielen solcher Weiber im Kloster die Haare abgeschnitten, ja eine runde Platte geschoren, damit sie um so leichter in Mönchstracht im Kloster ein- und ausgehen und bei Tag und bei Nacht unvermerkt bleiben möchten. Solche Büberei ist lange Jahr, wenn die Schiffer ausgewesen, getrieben worden. Da nun einmal einer von ihnen etliche Tage vor den andern morgens gar früh zu Hause kommt und seine Frau nicht findet, spricht die Magd, die sei noch den Abend ausgeholt, sie wisse nicht wohin. Indessen zeucht der Mann seine Kleider aus, leget sich ins Bette zu schlafen, gedenkt die Frau werde wol kommen, und schläft mit Frieden. Etliche Stunden danach kommt die Schifferin leise dahergezogen, macht die Kammer zu und legt sich in der Stille nieder. Nun mochte der Mann etwa leichten Schlafes sein, wendet sich zur Frauen und fragt, wo sie denn die ganze Nacht gewesen sei und warum sie erst so spät auf den Morgen heimkäme. „Ach mein lieber Mann, spricht sie, ich bin bei meinem Mödderken gewesen; ach Gott, welch große Noth war da vorhanden“ u. s. w. Als die lügenhafte Erzählung zu Ende, bewillkommt sie der Schiffer freundlich und will sie in seinen Arm nehmen; unversehens aber stößt er der keuschen Frauen die Haube herunter und wird dadurch gewahr, daß ihre Haare allerdinge abgeschnitten sind und ihr die Mönchenplatte geschoren ist. Da werden ihm die Augen leider weit; sie aber kommt Furcht und Zittern mit großem Schrecken an, daß sie gänzlich verstummt und nicht reden mag, was sie auch gefragt wird. Der Mann endlich springt zum Bett hinaus, ergreift das Handbeil von der Wand und thut, als woll er ihr den Kopf weghau’n. Da fällt sie vor ihm auf die Knie und bittet um Gnade; sie wolle ihm alles erzählen. Und spricht also: daß sie von den und den Schifferinnen zur Untreu beredet; diese hätten den Handel schon lange Zeit getrieben; sie aber sei erstlich auf dieser seiner Reise dazu gebracht und genöthigt, da die andern Weiber gedroht, sie zu Schanden zu machen und in Krankheit zu verderben. Da nun der Schiffer alles vernommen, wie viel der Schifferweiber insonderheit schuldig gewesen, ohn’ unzählig viel andere, spricht er zu ihr: er wolle ihr alles verzeihen, wofern sie ihm zweierlei bei ihrer Seelen Seligkeit angelobe: erstens, daß sie nach diesem Tage ehrlich leben; und zweitens, daß sie keiner Frauen- noch Mannsperson von diesem Handel das geringste anvertrauen wolle; er werde sein Schärtchen schon auszuwetzen wissen. Nun ist er ganz stille, bis alle noch abwesenden Schiffer mit der Zeit heimkommen. Als die aber alle angelangt sind, ihre Güter ausgeschifft und jedem Kaufmann das seinige geliefert haben, bescheidet er sie aus der Stadt an einen lustigen Ort, jeden mit seinem Weibe, auf daß sie sich nach vieler Müh und Sorge wieder was ergetzen möchten; er wolle ihnen einen fröhlichen Tag machen, dessen sie sich genugsam verwundern würden. Der angesetzte Tag gut wurde; und kommen also auch sämtliche Schiffer zusammen, machen sich alle mit ihren Weibern ganz lustig über der Mahlzeit; bis nach dem Essen, und da man Gott gedankt und Einer dem Andern die Hand gegeben, der Prinzipalschiffer aufsteht und spricht: „Günstige liebe Maatsen und Schiffere; ich thue mich zum freundlichsten bedanken gegen euch alle, daß ihr auf mein Anregen und Fodern hieher gekommen seid und euch lustig und guter Dinge macht. So dienet euch allen nun ferner zu wissen, was ich damit gemeint, wie ich anfänglich gesagt, daß ihr euch alle verwundern solltet. Daher ist abermal mein freundlich Begehren, daß ihr sämtlich und ein jeder mit seiner Frauen, und keiner mehr oder weniger, thun wollt, als ich mit der meinigen; wäre aber einer, der anders thun würde, der soll das ganze Gelag allein bezahlen.“ Sie sprechen ja, und darauf macht der Prinzipal den Anfang, nimmt seine Frau bei der Hand, stellt sich zum Tanz voran und die andern auf der Reige auch also, und wie sie alle da stehn, spricht er: „so thut, wie ich thue!“ greifet damit seiner Frauen nach dem Haupt, nimmt ihr die Mütze ab und steckt sie in seinen Busen. Da nun die andern desgleichen thun, findet ein jeglicher sein Weib in Gestalt eines geschorenen Mönchs. Deß verwundern sie sich freilich gar sehr; der Prinzipal aber heißt sein Weib sich wieder an die Tafel setzen, welches die andern auch alle thun müssen, stellet sich mit den Schiffern in den Ring und erzählt ihnen die ganze Historie, mit höchstem Begehr, daß ein jeglicher mit seinem Weibe Geduld habe und des uralten Sprüchworts der gemeinen Schiffer gedenke: Gott erhalte der Schifferen Leib, so mannich Land, so mannich Weib! – ein jeder habe seinen Richter auch über sich, der eben wohl wüßte, womit sie diese Untreu gegen Gott fast verschuldet. Wollten sie seines Willens leben, so wäre er gänzlich geneigt und bereit, daß sie mit gewehrter Hand, wenn die Mönche auf dem Chor zusammen wären, einen Einfall thun und ihnen das Schelmstück wohl bezahlen wollten, dann aber mit ihren Weibern davon führen. Dieser Anschlag aber ist von einem der anwesenden Weiber verrathen worden; worauf sich alle Mönche ins geheim zum Kloster hinausgemacht und dem Teufel nach wie vorhin gedienet haben ihr Lebenlang.

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